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Coaching und Führung – Qualifizierung zum/zur Coach nach den Standards der DGfC

Jetzt anmelden zur Weiterbildung!

 

Coaching ist eine professionelle Form der berufsbezogenen Beratung für Einzelpersonen, Teams und Organisationen und unterstützt dabei, Ressourcen zu entfalten, Rollen zu klären, Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, Entwicklung zu fördern, Ziele zu erreichen, Probleme zu bearbeiten, Qualität zu verbessern und zu sichern.

 

Durch diese Weiterbildung erfolgt eine zertifizierte Qualifizierung zum Coach nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Coaching e.V. (DGfC). Dabei wird ein Schwerpunkt auf das Coaching zu Führungsthemen („Führungscoaching“) gelegt. Gleichzeitig dient die Weiterbildung (angehenden) Führungskräften dazu, ihr Führungshandeln weiterzuentwickeln und insbesondere für die Personalführung hilfreiche Konzepte, Modelle und Methoden zu erlernen sowie eine coachende Haltung auszubilden. Die Weiterbildung orientiert sich an einem systemisch-lösungsfokussierten Coachingverständnis.

 

Nach erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung erhalten die Teilnehmenden durch die Mitgliedschaft in der DGfC die Berechtigung, die Bezeichnung „Coach DGfC“ zu führen.  Dabei spielen unter anderem folgende Inhalte eine Rolle:

  • Was ist Coaching? – Definitionen, Modelle und Abgrenzungen
  • Coachingmethoden – Systemisch-lösungsfokussiertes Coaching und Modelle der Transaktionsanalyse
  • Kommunikation – Störungen, Konflikte und Klärungen
  • Führung – Theorien, Modelle und Praxis
  • Veränderte Arbeitswelt - „New Work" Arbeit 4.0, Digitalisierung
  • Rollenklärung – Führungskraft, Coach, Privatmensch?!
  • Sich selbst führen – Resilienz, Stressbewältigung und Selbstmanagement

 

Eine Anmeldung ist ab sofort telefonisch, per Mail oder über die Homepage möglich über die VHS der Stadt Osnabrück GmbH, Tel.: 0541/323 2243 I E-Mail: info@vhs-os.de I Internet: www.vhs-os.de

 

Fragen zum Kursinhalt gerne direkt an mich: reinhold-coaching@t-online.de oder telefonisch: 0151/1222 6053.

 

Ausführliche Informationen finden Sie in der Ausschreibung und in dem ausführlichem Konzept.

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Wider dem Narrativ der Systemsprenger oder: „Obacht! Man denkt und tut, was man sagt!“ (Elisabeth Wehling) [1]

Spätestens seit dem gleichnamigen Film (N. Fingerscheidt 2019) hat sich der Begriff „Systemsprenger“ für „die Schwierigsten“ oder das „Hoch-Risiko-Klientel“ (Wikipedia) auch jenseits der Fachdiskussionen in Psychiatrie, Jugendhilfe u.ä. im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert. Über die Herausforderungen und einen guten und hilfreichen Umgang mit „Systemsprengern“, über pädagogische Konzepte und strukturelle Bedarfe wird im Kontext von Jugendhilfe sowohl in Fachartikeln als auch im alltäglichen Sprachgebrauch kommuniziert. Ich konnte z.B. selbst an einer Tagung teilnehmen, in der unter dem TOP „Umgang mit herausfordernden jungen Menschen in der Jugendhilfe“ v.a. JugendamtsleiterInnen ihre enormen Schwierigkeiten und auch Hilflosigkeit gegenüber „Systemsprengern“ z.T. sehr dramatisch und anschaulich beschrieben. Die strukturellen und konzeptionellen Herausforderungen sind ohne Frage enorm. Darauf möchte ich hier auch gar nicht weiter eingehen und das grundsätzlich in Frage stellen. Was mich an der Diskussion jedoch stört, ist unser Sprachgebrauch, dem ich hiermit ein kleines Plädoyer für alternative Etikettierungen entgegenhalten möchte.

 

Worum geht es, wenn wir über „Systemsprenger“ sprechen? Gemeint sind hiermit Kinder und Jugendliche, „die verschiedene pädagogische Akteure in unterschiedlichen Handlungsfeldern vor vielfältige Herausforderungen in der aktuellen Praxis stell[en]. Junge Menschen, die Systeme sprengen, zeigen aus Sicht der Hilfesysteme oft gewaltförmige oder verfestigte selbst­ und fremdverletzende Verhaltensmuster und / oder weisen Drogen und Substanzmissbrauch, massiv distanziertes und aversives Verhalten oder schwerste traumatische Erlebnisse auf. Dies kennzeichnet eine Zielgruppe, die sowohl im fachwissenschaftlichen als auch pädagogischen Handlungsfeld als so genannte ´Systemsprenger´ bezeichnet wird, …“[2] „Die Entwicklung (und Manifestierung) eskalierender Verhaltensweisen bis zur Sprengung des Systems beschreibt dabei einen Interaktionsprozess zwischen diesen jungen Menschen und dem sie umgebenden Hilfesystem …“[3] Solche Beschreibungen und Definitionen beinhalten nach meiner Einschätzung die große Gefahr, dass sie den beschriebenen Kindern und Jugendlichen als Persönlichkeitsmerkmale anhaften bleiben und einer massiven Defizitorientierung Vorschub leisten. Diese Gefahr sehen scheinbar auch Autoren, die sich der Begrifflichkeit der „Systemsprenger“ bedienen. Menno Baumann weist z.B. u.a. darauf hin: „Wenn ein junger Mensch erst einmal als schwierig im Hilfesystem definiert ist, ist die Auflösung dieser Etikettierung äußerst schwer.“[4] Und nach Frank Mücher „impliziert diese Frage [nach der Funktion von „Systemsprengern“] zunächst einmal die Überwindung einer defizitorientierten Sichtweise, nach der die Gründe für das Scheitern von Hilfen primär dem Individuum bzw. dessen eigenem Fehlverhalten  zugeschrieben werden.“[5] Trotzdem hat sich der Begriff etabliert und zwar sowohl in der Fachwelt als auch – spätestens nach dem Erfolg des gleichnamigen Films von Nora Fingscheidt (2019) – im allgemeinem medialen und gesellschaftlichem Sprachgebrauch. Dies geschieht sicher in guter Absicht und weist u.a. auf die großen Herausforderungen von Trägern, Einrichtungen und Fachkräften, die mit entsprechend anspruchsvollen Zielgruppen arbeiten. Die Risiken, die mit diesem Sprachgebrauch für diese Zielgruppe einhergehen, sind aus meiner Sicht jedoch scheinbar weitgehend unreflektiert und gegenüber ihren Bedarfen kontraproduktiv.

 

Worte und Sätze aktivieren (immer) einen Deutungsrahmen („Frame“), der über die eigentliche Wortbedeutung hinausgeht. Solche sog. Framing-Effekte führen u.a. zu systematischen Beurteilungsfehlern. Es macht einen Unterschied, ob man von seinem Arzt hört: „Die Überlebenswahrscheinlichkeit liegt im ersten Monat nach der Operation bei 90 %“ oder „die Sterblichkeit liegt innerhalb des ersten Monats nach der Operation bei 10 %.“[6] Und wenn ich über eine Flüchtlingswelle spreche, dann transportiert dieser Begriff auch – gewollt oder nicht – implizite Wortbedeutungen und -assoziationen zum Wortteil „Welle“: groß, mächtig, Urgewalt, unaufhaltsam, bricht Dämme, reißt alles mit, kommt über einen, man kann ertrinken, … o.ä. Als Leserin möge man die Überlegung anstellen, was einem spontan alles zu dem Begriff „Corona“ einfällt … Ich vermute, die Bedeutungen lt. Duden i.S. von 1. „Strahlenkranz der Sonne“ und 2. „Gruppe, Ansammlung von [jüngeren] Menschen, die gemeinsam etwas unternehmen; [fröhliche] Schar; Gruppe randalierender o. ä. Jugendlicher; Horde“[7] gehören vermutlich eher nicht zu den ersten Assoziationen. Außerdem vermute ich, dass solche Überlegungen vor fünf Jahren zu gänzlich anderen Ergebnissen geführt hätten. „Wenn Frames [jedoch] erst mal in unseren Köpfen aktiviert sind, dann bestimmen sie, mit welcher Leichtigkeit Informationen von uns aufgenommen werden.“[8]

 

Wenn also der Wortframe „Systemsprenger“ sich im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen etabliert, „bei denen Erziehungshilfemaßnahmen von Seiten der betreuenden Jugendhilfeeinrichtungen abgebrochen wurde, da das Kind/ der Jugendliche aufgrund schwerwiegender Verhaltensstörungen nicht zu betreuen erschien und somit den Rahmen der Erziehungshilfe gesprengt hat [sic!]“[9], stellt sich die Frage, welche Deutungsrahmen hiermit – bewusst oder nicht – transportiert werden und Wirkung entfalten: Es sind ja kaum gewaltigere und zerstörerische Vorgänge als eine Sprengung vorstellbar, weshalb diese nicht zuletzt im militärischen Bereich Anwendung findet. Und es werden (neben offensichtlich auch „Systemen“) Gebäude, Brücken, Berge und leider auch Menschen gesprengt. Und in vorliegendem Fall ist es dann also ein einzelnes Kind, dass ein ganzes Jugendhilfesystem sprengt …

 

Friedhelm Peters bringt meine Bedenken auf den Punkt: „Kein*e Jugendliche*r bezeichnet sich selbst so, und trotz der relativierenden Einlassungen wirkt der Begriff ´naturalisierend´ und schreibt fehlende Passungsverhältnisse zwischen Hilfeangeboten und Interaktionen von jungen Menschen als feststehende Eigenschaften der Person zu […]“[10] Aus meiner Sicht transportiert dieser Frame damit eine völlig verdrehte Sicht von sozialen Machtverhältnissen und Ursache- und Wirkungszusammenhängen und hat mit dem, was zeitgleich unter Begrifflichkeiten wie „Inklusion“ und „inklusiver Jugendhilfe“ diskutiert wird, wenig an Haltung gemein. Die Umwelt (Kindergarten, Jugendtreff, Heimeinrichtung, …) soll der Idee der Inklusion folgend so gestaltet sein, dass gesellschaftliche Teilhabe für jeden und jede möglich ist. „Es muss bei der Inklusion also niemand mehr eingegliedert werden, weil niemand zuvor ausgegliedert wurde“, spitzen Sabine Knauer und Jörg Ramseger diese Abgrenzung etwas provokant zu.[11] Das System soll sich den Bedarfen der Individuen anpassen, nicht umgekehrt! Das Wortkonstrukt „Systemsprenger“ konterkariert diese Idee und suggeriert dagegen, dass ein einzelnes Kind all die fördernden und inkludierenden Bemühungen eines kompletten Helfersystems infolge seiner „schwerwiegenden Verhaltensstörungen“ zunichtemacht und zerstört („sprengt“!). In (nochmals!) völliger Anerkennung der Herausforderungen, die auch das Verhalten einzelner Kinder und Jugendlicher für das Hilfesystem mit sich bringt, ist dies aus meiner Sicht die „falsche“ Geschichte, die hier erzählt wird – „falsch“ im Sinne von „nicht hilfreich“.

 

Das Narrativ der „Systemsprenger“ macht etwas mit den Kindern und Jugendlichen, die damit etikettiert werden: „Wer man ist und wie man handelt, ist geprägt von den Geschichten, die man von sich erzählt.“[12] Und es ist kaum anzunehmen, dass dieses Narrativ nicht das Selbstbild der betroffenen Kinder und Jugendlichen beeinflusst. Und umgekehrt werden auch die beteiligten HelferInnen in Ihren Sicht- und Handlungsweisen kaum unberührt bleiben: „Beschreibungen verändern das Beschriebene.“[13] In diesem Sinne möchte ich hier nachdrücklich für den kompletten Verzicht auf das Narrativ der sogenannten „Systemsprenger“ plädieren.



[1] Wehling, Elisabeth (2018): Politisches Framing. Köln, S. 65.

[2] Bolz, Tijs / Albers, Viviane / Baumann, Menno (2019): Professionelle Beziehungsgestaltung in der Arbeit mit „Systemsprengern“. In: unsere jugend, (71) 7+8, S. 297-304, S. 297.

[3] A.a.O., S. 298.

[4] A.a.O.

[5] Mücher, Frank (2015): Was kann und muss die Jugendhilfe von Systemsprengern/-innen lernen. In: dreizehn, (14) S. 30-35, S. 31.

[6] Kahnemann, Daniel (2012): Schnelles Denken, langsames Denken. München, S. 115.

[8] Wehling 2018, S. 34.

[9] Baumann, Menno (2020): Kinder, die Systeme sprengen: Band 1: Wenn Jugendliche und

Erziehungshilfe aneinander scheitern. Baltmannsweiler, S. 13.

[10] Peters, Friedhelm (2020): Der Konstruktionsprozess der „Schwierigen“ - das Beispiel der sogenannten „Systemsprenger*innen“. In: Forum Erziehungshilfen, (26) 2, 113-116, S. 115.

[11] Knauer, Sabine / Ramseger, Jörg (o.J.): Vorbemerkungen. In: Welchen Beitrag leistet die schulische Integration von Menschen mit Behinderungen auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt? Welche soziale Bedeutung und welche ökonomischen Perspektiven sind damit verbunden? Ergebnisse eines Expertenhearings zusammengestellt von Sabine Knauer und Jörg Ramseger in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und mit freundlicher Unterstützung der AUDI AG. (Zit. n. www.behindertenbeauftragter.de, 30.12.2010.).

[12] Denborough, David (2017): Geschichten des Lebens neu gestalten. Grundlagen und Praxis der narrativen Therapie. Göttingen, Bristol, S. 18.

[13] v. Schlippe, n. Hargens, Jürgen (2011): Aller Anfang ist ein Anfang. Gestaltungsmöglichkeiten hilfreicher systemischer Gespräche. 4. Aufl., Göttingen, S. 9.

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Eine professionelle Beratungsbeziehung muss aktiv hergestellt werden.

Zu dem, was als "professionelle Beziehung" angesehen werden kann, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Dabei schließe ich an meine Ausführungen aus dem Artikel Wiederentdeckung eines alten Modells: Grundpositionen der Transaktionsanalyse an.

 

Abplanalp u.a. (2020) weisen darauf hin, dass Beratungsbeziehungen immer auch einen gewissen Grad an (notwendiger) Formalisierung beinhalten (Bezahlung, organisiertes Setting, institutionelle Eingebundenheit etc.) und hieraus ein strukturell bedingtes Maß an Distanziertheit entsteht. Gleichzeitig sei diese formale Distanz und das damit einhergehende „Wissen, dass die Beratungsbeziehung in einem professionellen Kontext angesiedelt ist, dass dabei Standesregeln eingehalten werden und die Interaktion im Privatleben nicht weitergeht, […] wesentliche Voraussetzung dafür, dass [personale] Nähe entstehen kann.“[1] Die formale Distanz hat insofern eine Schutzfunktion für den Ratsuchenden.

 

Die funktionale Asymmetrie lässt sich aber auch im Sinne einer ungleichen Machtverteilung darstellen: Bei der Analyse relevanter gesellschaftlicher Machtquellen i.S. von Staub-Bernasconi (1998)[2] fällt auf, dass diese eklatant zugunsten des Beraters verteilt sind: sozioökonomische Ausstattung, Erkenntnis- und Sprachkompetenz, Bedeutungsmacht, Handlungskompetenz und soziale Beziehungen sind idR. deutlich zugunsten des Beraters bemessen. Der Klient hat in der Regel lediglich einen relevanten Anteil körperlicher Macht auf seiner Seite (er kann z.B. der Beratung fernbleiben).[3] Zudem hat der Klient aktuell Ressourcenprobleme (materiell, sozial, psychisch, …), – ein „Problem“ – weshalb er sich Unterstützung und Hilfe durch eine Beratung verspricht, um diese möglichst zu beheben. Die Beratungsbeziehung stellt somit auch eine Austauschbeziehung dar.[4] Die ungleiche Verteilung von Ressourcen und Macht führt zu einer besonderen Vulnerabilität des Klienten und damit zu einer besonderen Verantwortung für die Beziehungsgestaltung, den Umgang mit Macht und den Schutz des Klienten beim Berater. (Im Coaching gestaltet sich diese Beziehung übrigens idR. deutlich weniger assymetrisch. Konzeptionell kann die funktionale (weitgehende) Symmetrie geradezu als ein wesentliches Strukturmerkmal des Formats "Coaching" angesehen werden.)

 

Als Charakteristikum von Beratungsbeziehungen kann folglich die Gleichzeitigkeit von formaler Distanz (Asymmetrie) und personaler („gleichwürdiger“, Jesper Juul) Nähe (Symmetrie) gesehen werden und die Herausforderung an die Professionalität, diese ständig auszutarieren und in Balance zu halten.

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Position – Interesse - Bedürfnisse

In Konflikten scheinen die Positionen der Kontrahenten häufig unvereinbar. Diese Positionen werden in Form verbalisierter Standpunkte ausgetragen. Hinter diesen Konflikten liegen jedoch Interessen und Bedürfnisse, die in der Regel offengelegt werden müssen, um Konflikte konstruktiv und nachhaltig lösen zu können. Diese Interessen – also die Ziele und Absichten, die die Kontrahenten mit ihren Positionen verfolgen – werden in einem Konfliktgespräch häufig nicht verbalisiert. Die Kommunikation verbleibt dann weitgehend auf der Ebene der Positionen und es geht darum, eine möglichst starke zu erreichen, um letztlich den Konflikt zu „gewinnen“. Wenn dies der Fall ist, muss aber auch jemand anderes als „Verlierer“ verbleiben. Damit wird eine nachhaltige Lösung eines Konfliktes nahezu unmöglich. Für eine Konfliktlösung ist es erforderlich, über die Interessen an die zugrundeliegenden Bedürfnisse der Beteiligten zu gelangen.[1]

 

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Darf man "Warum?" fragen?

Die Frage ist das zentrale Instrument der systemisch-lösungsorientierten Beratung. Nach Günther G. Bamberger heißt "lösungsorientierte Beratung [...] nichts anderes als lösungsorientiertes Fragen."[1] Als besonders relevant werden offene Fragen und insbesondere die sogenannten „W-Fragen“ angesehen, weil sie helfen, Details einer Situation, eines Problems etc. zu erkunden. Solche Fragen halten die Kommunikation im Fluss und belassen die Klienten in der Verantwortung. Häufig ist zu lesen, dass die Frage „Warum?“ (und ebenso „Wieso?“ und „Weshalb?“ etc.) jedoch nicht genutzt werden solle und sich mit einer lösungsorientierten Haltung nicht vertrage, „weil sie auf das Herausfinden der ´wirklichen´ Ursachen fokussieren […] und vor allem, weil sie beim Gegenüber gerade aufgrund der Ursachen- und Schuldigenorientierung sofort Verteidigung auslösen.“[2]

 

Ich halte dagegen die Frage „Warum?“ für durchaus hilfreich und mit einer systemisch-lösungsorientierten Haltung vereinbar. Dafür möchte drei kurze Aspekte zur Unterstützung anführen:

 

Erstens bin ich davon überzeugt, dass die Haltung aus der heraus ich berate und coache, deutlich wichtiger als ein Detailwissen über Methoden und Techniken und zudem Voraussetzung für das Lernen und Anwenden von ihnen ist. Die Haltung, mit der jemand Methoden anwendet, bestimmt nach meiner Überzeugung deren Wirkung. Eine Methode wirkt umgekehrt v.a. in der Weise, aus welcher Haltung heraus ich sie anwende (belehrend, fordernd, konfrontativ, partizipativ, lösungsfokussiert, …). Wenn ich aus meiner beraterischen Haltung heraus z.B. nach Ursachen für ein Problem suche, werde ich das tun, auch wenn ich nicht direkt nach dem „Warum?“ frage. Und wenn ich nicht nach Kausalbeziehungen suche, wird das auch mein Gegenüber in der Regel so wahrnehmen. In diesem Zusammenhang kann u.U. ein himmelweiter Unterschied darin liegen, ob ich z.B. frage, „warum tust Du das?“ oder „was glaubst du, warum ist das so?“

 

Zweitens setzte ich die Frage nach dem „Warum?“ manchmal im Sinne einer minimalen paradoxen Intervention ein. Wir neigen dazu, in vielen Fällen eher oberflächlich zu kommunizieren und dabei recht schnell zu unterstellen, man wisse schon, was der andere meine. So geschieht es z.B., dass Menschen uns eine mögliche negative Konsequenz beschreiben, die sie erwarten und vor der sie sich sorgen. „Wenn ich die Prüfung dann nicht bestehe, wäre das die absolute Katastrophe.“ Für die Alltagskommunikation ist das in vielen Fällen ausreichend. Für ein Beratungsgespräch hat sich ein Überprüfen solcher Katastrophenkonstruktionen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen. So ist z.B. die vermeintlich einfache und ggf. wiederholte Nachfrage „… und dann?“ eine, die zwar durchaus zu ersten Irritationen führen kann („Dann ist es natürlich schlimm!“), aber entsprechend liebevoll penetrant vorgebracht auch zu einer deutlichen Relativierung des zu erwartenden „worst case“ führen kann. Der Betroffene stellt u.U. zwar fest, dass er z.B. zwar ein Jahr verliert und seinen eigenen Leistungsansprüchen damit nicht gerecht geworden wäre, das Leben aber danach durchaus erträglich weiter verlaufen dürfte … Ähnliche Wirkung kann die Nachfrage „Warum?“ haben, wenn sie z.B. in Situationen eingesetzt wird, in denen die Beratene eine vermeintlich selbstverständliche (Katastrophen-) Hypothese aufstellt und als nicht hinterfragungsrelevant darstellt. „Wenn ich diese Prüfung nicht bestehen sollte, wäre das die totale Katastrophe!“ „Warum?“ Nach meistens eher etwas irritierten Spontanreaktionen erlebe ich immer wieder, dass durch solcherart Hinterfragen eben vermeintlich eindeutiger Gedankenkonstruktionen diese häufig doch ins Wanken geraten und sich immer wieder auch andere Sichtweisen entwickeln. „Es wäre zwar überaus ärgerlich und würde mich traurig machen, aber ich hätte nun eine Perspektive, wie ich mit einem Nichtbestehen halbwegs umgehen könnte …“

 

Drittens – und für mich das zentrale Argument – ist die Erfahrung, dass die Frage „Warum?“ sich in vielen Kontexten hervorragend eignet, um die narrative Konstruktion von Menschen über ihr „Problem“ oder ihre Lebenssituation zu erfahren. „Die Fragen nach dem Warum, wie ich sie einsetze, haben […] nichts mit moralischem Urteil zu tun. Sie spielen eine sehr wichtige Rolle, wenn man Klienten dazu motivieren möchte, die ihnen wichtigen Lebensauffassungen in Worte zu fassen und weiterzuentwickeln.“[3] Welche Erzählungen haben Menschen über sich selbst verinnerlicht? Wenn sie diese Erzählung in einer Beratung oder einem Coaching mitteilen, kann ich damit arbeiten und Impulse für mögliche Erzählvarianten und Neuerzählungen geben. „Die Geschichte – Ereignisse aus der Vergangenheit – können wir nicht ändern. Was getan wurde, kann nicht rückgängig gemacht werden, aber wir können erstaunlich viel Einfluss darauf haben, wie wir unsere Vergangenheit verstehen und was die Ereignisse für uns bedeuten. Die Vergangenheit ist nicht nur ein Buch, in dem Vorkommnisse chronologisch aufgezählt werden. Sie ist eine lebendige Geschichte, die ihre Form dementsprechend ändert, wie sie erzählt wird, welche Bedeutung den Geschehnissen beigemessen wird, wie sie erklärt werden, und je nachdem was man vermutet, welche Folgen sie haben wird.“[4] Und was Ben Furman hier für die Vergangenheit von Menschen und deren Erzählungen darüber beschreibt, lässt sich genauso auch auf deren Gegenwarts- und Zukunftskonstruktionen übertragen. Die Frage „Warum?“ lädt genau dazu ein, dass Menschen darüber berichten, wie sie sich und ihre Umwelt und sich selber in der Welt sehen und darüber denken, was sie als problematisch ansehen, genauso wie was sie als erstrebens- und wünschenswert für sich erachten.

 


[1] Bamberger, Günther G. (2010): Lösungsorientierte Beratung. Praxishandbuch. 4., vollst. überarb. Aufl., Weinheim, Basel, S. 59.

[2] Radatz, Sonja (2013): Beratung ohne Ratschlag: Systemisches Coaching für Führungskräfte und BeraterInnen. 8., unveränd. Aufl., Wien, S. 172)

[3] White, Michael (2010): Landkarten der narrativen Therapie. Heidelberg, S. 55.

[4] Furman, Ben (2013): Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben. 7. Aufl., Basel, S. 101.

 

 

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Verschwörungstheorie für Anfänger

Neulich habe ich noch mal Watzlawicks "Anleitung zum Unglücklichsein" gelesen und dabei u.a. einen sehr amüsanten, aber gleichzeitig auch überaus plastisch-lehrreichen Teil (wieder)entdeckt, der uns die eigenkreative und selbstbeeinflussende Konstruktion von - in diesem Fall "unglücklichen" - Wirklichkeiten vor Augen führt. In der aktuellen Phase der Hochkonjunktur von Verschwörungstheorien im Kontext der Corona-Pandemie lässt sich das Ganze aber auch als eine ironisch-entlarvende Anleitung für Verschwörungstheoretiker*innen lesen. Viel Spaß dabei:

 

Übung Nr. 1: Setzen Sie sich in einen bequemen Sessel, möglichst mit Armstützen, schließen Sie die Augen, und stellen Sie sich vor, in eine saftige Zitrone zu beißen. Mit etwas Übung wird Ihnen die imaginäre Zitrone bald das wirkliche Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.

 

Übung Nr. 2: Bleiben Sie im Sessel sitzen, weiterhin mit geschlossenen Augen, und verschieben Sie Ihre Aufmerksamkeit von der Zitrone auf Ihre Schuhe. Es dürfte nicht lange dauern, und Sie werden bemerken, wie unbequem es eigentlich ist, Schuhe zu tragen. Gleichgültig, wie gut sie bisher zu passen schienen, Sie werden nun Druckpunkte bemerken und sich plötzlich auch anderer Unannehmlichkeiten bewußt werden, wie Brennen, Reiben, Krümmen der Zehen, Hitze oder Kälte und dergleichen. Üben Sie, bis das bisher selbstverständliche und bedeutungslose Tragen von Schuhen ausgesprochen unangenehm wird. Kaufen Sie sich dann neue Schuhe, und bemerken Sie, wie sie im Laden einwandfrei zu passen schienen, nach kurzem Tragen aber derselben Beschwerden erzeugen wie die alten.

 

Übung Nr. 3: Im Sessel sitzend, blicken Sie bitte durchs Fenster in den Himmel. Mit etwas Geschick werden Sie in Ihrem Blickfeld bald zahlreiche winzige, bläschenartige Kreise wahrnehmen, die bei Stillhalten der Augen langsam nach unten sinken, beim Zwinkern aber wieder hinaufschnellen. Bemerken Sie ferner, daß diese Kreise immer zahlreicher und größer zu werden scheinen, je mehr Sie sich auf sie konzentrieren. Erwägen sie die Möglichkeit, daß es sich um eine gefährliche Erkrankung handelt, denn wenn die Kreise einmal Ihr ganzes Gesichtsfeld ausfüllen, werden Sie äußerst sehbehindert sein. Gehen Sie zum Augenarzt. Er wird Ihnen zu erklären versuchen, daß es sich um die ganz harmlosen mouches volantes handelt. Nehmen Sie dann entweder an, daß er die Masern hatte, als diese Krankheit in der Universitäts-Augenklinik den Medizinstudenten seines Jahrgangs erklärt wurde, oder daß er sie aus reiner Nächstenliebe nicht vom unheilbaren Verlauf Ihrer Krankheit informieren will.

 

Übung Nr. 4: Sollte die Sache mit den mouches volantes nicht recht klappen, so brauchen Sie die Flinte noch nicht gleich ins Korn zu werfen. Unsere Ohren bieten eine gleichwertige Ausweichlösung. Gehen Sie in einen möglichst stillen Raum, und stellen Sie fest, daß Sie plötzlich ein Summen, Surren, leichtes Pfeifen oder einen ähnlichen gleichbleibenden Ton in Ihren Ohren feststellen können. Unter normalen Alltagsbedingungen ist der Ton zwar durch die Umweltgeräusche überdeckt; mit entsprechender Hingabe dürften Sie es aber fertigbringen, den Ton immer häufiger und lauter wahrzunehmen. Gehen Sie schließlich zum Arzt. Von hier ab gilt Übung Nr. 3, mit der Ausnahme, daß der Arzt die Sache als normalen Tinnitus verharmlosen wollen wird. […]

 

Übung Nr. 5: Sie sind nun hinlänglich ausgebildet und offensichtlich auch talentiert, um Ihre Fähigkeiten vom eigenen Körper auf die Umwelt zu übertragen. Beginnen wir mit den Verkehrsampeln. Sie dürften bereits bemerkt haben, daß sie die Neigung haben, so lange grün zu sein bis Sie daherkommen, und dann genau zu jenem Zeitpunkt von gelb auf rot zu wechseln, an dem Sie es nicht mehr riskieren können, doch noch über die Kreuzung zu fahren. Widerstehen Sie den Einflüsterungen Ihrer Vernunft, wonach sie mindestens ebensooft auf grüne wie auf rote Ampel stoßen, und der Erfolg ist verbürgt. Ohne zu wissen, wie Sie es eigentlich fertigbringen, werden Sie jede rote Ampel zum bereits erlittenen Ungemach addieren, jede grüne dagegen ignorieren. Sehr bald werden Sie sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß hier höhere, Ihnen feindlich gesinnte Mächte ihr Unwesen treiben, deren Einfluß sich außerdem keineswegs auf Ihren Wohnort beschränkt, sondern Ihnen mühelos nach Oslo oder Los Angeles folgt. – Sollten Sie nicht Auto fahren, so können Sie ersatzweise entdecken, daß die Schlange, in der Sie vor dem Post- oder Bankschalter stehen, immer die langsamste ist oder daß Ihr Flugzeug immer an dem von der Schalterhalle am weitesten entfernten Ausgang wartet.

 

Übung Nr. 6: Sie wissen nun um das Walten dunkler Mächte. Dieses Wissen ermöglicht Ihnen nun weitere wichtige Entdeckungen, denn Ihr Blick ist nun geschärft für erstaunliche zusammenhänge, die der dumpfen, ungeschulten Alltagsintelligenz entgehen. Untersuchen Sie Ihre Haustüre sorgfältig, bis Sie einen Kratzer finden, den Sie bisher noch nie gesehen haben. Fragen Sie sich nach seiner Bedeutung: Ist es ein Gaunerzinken, das Resultat eines Einbruchs, eine absichtliche Beschädigung Ihres Eigentums, ein besonderes Zeichen, um Sie irgendwie zu identifizieren? Widerstehen Sie auch hier der Versuchung, die Sache zu bagatellisieren; begehen Sie aber andererseits auch nicht den Fehler, ihr praktisch auf den Grund zu gehen. Behandeln Sie das Problem rein gedanklich, denn jede Wirklichkeitsprüfung Ihrer Annahme wäre dem Erfolg dieser Übung nur abträglich.

Wenn Sie durch diese Übung Ihren eigenen Stil entwickelt und Ihren Blick für mysteriöse Zusammenhänge geschärft haben, werden Sie bald bemerken, bis zu welchem Grade unser Alltag von solchen schicksalsträchtigen Verflechtungen durchzogen ist. Nehmen wir an, Sie warten auf den Autobus, der schon längst da sein sollte. Sie vertreiben sich die Zeit, indem Sie die Zeitung lesen, aber immer wieder den blick die Straße hinunterwerfen. Plötzlich sag Ihnen der sechste Sinn: „Jetzt kommt er!“ Sie drehen sich rasch hin, und tatsächlich, in der Ferne, noch mehrere Häuserblocks entfernt, ist der Autobus aufgetaucht. Erstaunlich, nicht wahr? Und doch ist das nur ein kleines Beispiel aus der Vielfalt der Hellsichtigkeiten, die sich langsam in Ihnen ausbilden und dort am wichtigsten sind, wo sich alles mögliche für Sie Nachteilige abzeichnet.

 

Übung Nr. 7: Sobald Sie hinlänglich überzeugt sind, daß etwas Verdächtiges vorgeht, besprechen Sie es mit Freunden und Bekannten. Es gibt keine bessere Methode, um die wahren Freunde von den Wölfen im Schafspelz zu trennen, die in undurchsichtiger Weise da mit im Spiel sind. Jene werden sich nämlich trotz – oder gerade wegen – ihrer Geriebenheit dadurch verraten, daß Sie Ihnen einreden wollen, Ihre Annahme habe weder Hand noch Fuß. Für Sie wird das keine Überraschung sein, denn es versteht sich von selbst, daß, wer Ihnen schaden will, das nicht offen zugibt. Er wird Sie vielmehr scheinheilig von Ihrem angeblich unbegründeten Verdacht abbringen und von seinen guten, freundlichen Absichten zu überzeugen versuchen. Und damit wissen Sie nicht nur, wer mit im Komplott drinsteckt, sondern auch, daß die ganze Sache wirklich etwas sein muß, denn warum würden jene „Freunde“ sich sonst so anstrengen, Sie vom Gegenteil zu überzeugen?“

 

aus: Watzlawick, Paul (1983): Anleitung zum Unglücklichsein. München, S. 40-46.

 

 

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Beziehung gestalten

Die gute Beratungsbeziehung wird gemeinhin als eines der wesentlichen Kriterien für eine gelingende Beratung angesehen: „Die Beratungsbeziehung ist das entscheidende Medium, von dessen Qualität ganz wesentlich abhängt, ob sich der [Berater …] auf Veränderungsprozesse einlassen kann. […] Beziehungen brauchen Zeit. Es beginnt mit dem ersten Kontakt, führt zu einer Begegnung (Erstgespräch, Kontrakt) und mündet in eine Arbeitsbeziehung.“[1]

 

Die der systemische Ansatz geht dabei davon aus, das Menschen grundsätzlich kooperativ sind und an positiven Veränderungen interessiert. Fachleute haben insofern die Verantwortung, die Beziehung so zu gestalten, dass Kooperation gelingt. Zugespitzt formuliert De Shazer in diesem Sinne: „Just don´t disturb it.“[2]

 

Dabei reicht es zur Herstellung einer guten Beratungsbeziehung nicht, den Klienten lediglich das Gefühl für eine gute Beziehung zu geben, sondern es kommt darauf an, als Berater tatsächlich „eine gute Beziehung, das heißt Respekt, Anerkennung und Verständnis für den anderen zu entwickeln. […] Erst wenn er selbst den anderen ernst nehmen kann, kann er auch beginnen, ihm dies vermitteln zu wollen – und erst dann wird ihm das sein Gegenüber auch glauben.“[3]

 

Eine gute Beratungsbeziehung entsteht somit wesentlich als Folge einer ernstnehmenden Haltung: „Einen anderen Menschen ernst zu nehmen bedarf mehrerer Qualitäten. Wir müssen:

  • das Recht des anderen anerkennen, seine individuellen Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
  • Lernen, die Bedürfnisse und Gedanken des anderen aus seiner eigenen Perspektive zu betrachten.
  • uns auf seinen Ausdruck konzentrieren, damit wir uns besser in seine Situation hineinversetzen können, und nicht, um Beweise gegen ihn und seine Wünsche zu sammeln.
  • seinem Verhalten mit Verständnis begegnen und unsere eigene Position ernst nehmen.“[4]

 

Über die grundlegende Haltung hinaus gibt es weitere hilfreiche Ansätze, einen Beziehungsaufbau (besonders am Anfang eines Beratungsprozesses) zu fördern, z.B.[5]:

  • positives Setting gestalten (störungsfreier Raum, zugewandte Sitzordnung etc.),
  • kurze Vorstellung des Beraters und der Institution,
  • etwas Smalltalk: „Wie war der Weg? Haben Sie uns gut gefunden?“,
  • nicht sofort über Probleme reden, sondern sich zuerst über Interessen, Ressourcen, Beruf, … kennenlernen,
  • explorierendes und „interessiertes Nachfragen“,
  • Wiederholen,
  • Spiegeln,
  • Zusammenfassen,
  • auf para- und nonverbale Signale achten.

 

Verhaltensweisen, die dagegen den Beziehungsaufbau stören, sind z.B.[6]:

  • Ratschläge: „Ich finde, du solltest..“ „warum hast du nicht …?“
  • Noch eins drauf setzen: „Das ist ja noch gar nichts; hör erst mal, was mir passiert ist …“
  • Belehren: „Du musst das beim nächsten Mal nur folgendermaßen machen …“
  • Geschichten zum Besten geben: „Das erinnert mich an die Begebenheit …“
  • Über den Mund fahren: „Lass dich nicht so hängen, lach mal wieder.“
  • Bemitleiden: „Ach, du Armer…“
  • Verhören: „Jetzt sag mir mal ganz genau, warum du das so getan hast …“
  • Verbessern: "So ist das nicht gewesen …“

 


[1] Richter, Kurt F. (2012): Coaching als kreativer Prozess: Werkbuch für Coaching und Supervision mit System und Gestalt. 3. Aufl., Göttingen, S. 94.

[2] Aus: Berg, Insoo Kim / De Shazer, Steve (2009): Kurzzeittherapie – von Problemen zu Lösungen. DVD, Mülheim, Baden.

[3] Herwig-Lempp, Johannes (2002) - Beziehungsarbeit ist lernbar. Systemische Ansätze in der Sozialpädagogischen Familienhilfe. In: Pfeiffer-Schaub, Hans-Ulrich (Hg.): Systemische Praxis: Modelle-Konzepte-Perspektiven. Freiburg, S. 39-62.

[4] Jesper Juul (2019): Dein kompetentes Kind. 16. Aufl., Reinbeck bei Hamburg, S. 153f.

[5] Vgl.z.B.: Grolimund, Fabian (2017): Psychologische Beratung und Coaching: Lehr- und Praxisbuch für Einsteiger. 2., unveränd. Aufl., Bern.

Plate, Markus (2015): Grundlagen der Kommunikation: Gespräche effektiv gestalten. 2., durchg. Aufl., Göttingen.

[6] Vgl. Rosenberg, Marshall B. (2016): Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens. 12., überarb. u. erw. Aufl., Paderborn, S. 97

 

 

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Wiederentdeckung eines alten Modells: Grundpositionen der Transaktionsanalyse

Verschiedene therapeutische und Beratungsansätze formulieren eine anzustrebende Beziehung mit dem Klienten auf „Augenhöhe“. Mechthild Erpenbeck hat ein tolles Buch geschrieben[1], dass mich unter anderem zu einer Wiederentdeckkung der Grundpositionen der Transaktionsanalyse geführt hat: Sie versucht u.a. mit Hilfe der sogenannten „Grundpositionen“ aus der Transaktionsanalyse eine hilfreiche Annäherung daran, welche beraterische Haltung mit dem Begriff der „Augenhöhe“ gemeint sein kann:

 

Zunächst ersetzt sie den Begriff „Augenhöhe“ durch den der „Gleichwürdigkeit“ (Jesper Juul)[2], womit „von gleicher Würde“[3], „von gleichem Wert“ und „mit demselben Respekt gegenüber der persönlichen Würde und Integrität“ gemeint sind sowie, dass „in einer gleichwürdigen Beziehung Wünsche, Anschauungen und Bedürfnisse beider Partner gleich ernst genommen“ würden.[4] Diese gleichwürdige Berater-Klient-Beziehung kann als die der „okay“-Position in der Transaktionsanalyse verstanden werden.

 

Die Transaktionsanalyse (TA) definiert vier Grundpositionen‚ „als Gesamtheit der grundlegenden Überzeugungen, die jemand über sich und die anderen Menschen gewinnt und dann benutzt, um Entscheidungen und Verhalten zu rechtfertigen.“[5] Darüber hinaus wechseln Menschen von der einen in die andere Position je nach Situation und Umstand. Es gibt aber nach Einschätzung der TA ein spezifisches „Heimatgebiet“ eines jeden Menschen, in dem er sich am ehesten wohl fühlt und zu dem er am ehesten neigt. Folgende vier Grundpositionen sind nun im Sinne der TA denkbar:

 

Abb: Grundpositionen der Transaktionsanalyse[6]

 

Dieses Modell eines grundlegenden Menschenbildes ist nicht nur in Beratungssituationen anwendbar, sondern in jedem Kontext, wo Menschen miteinander zu tun haben, so auch in betrieblichen Kontexten bezogen auf die Sichtweisen von Mitarbeitern gegenüber Kunden / Klienten, Mitarbeitern untereinander sowie Mitarbeitern und Führungskräften.

 

Im Sinne einer „gleichwürdigen“ Berater-Klient-Beziehung oder auch Führungskraft-Mitarbeiter-Beziehung kann nun die +/+-Position der TA („Ich bin o.k., du bist o.k.“) angesehen werden. Nur, wenn ein Mitarbeiter (oder ein Klient) sich gleichwürdig behandelt fühlt, ist davon auszugehen, dass er das Vertrauen hat, sich umfassend zu öffnen und aktiv an der Veränderung seiner Situation zu arbeiten. Umgekehrt ist davon auszugehen, dass ein Mitarbeiter, dem ein Vorgesetzter mit einem „Minus“ in seiner Haltung gegenübertritt, dieses auch fühlt und sich somit auch entsprechend verhält. Der Mitarbeiter könnte sich z.B. nicht ernst genommen fühlen (+ / -) oder er könnte es sich auch in der Fürsorglichkeit des Vorgesetzten entsprechend einrichten, ebenso könnte er dem Vorgesetzten überhaupt keine hilfreiche Führung zutrauen (-/+) etc.

 

Als anzustrebende idealtypische Haltung für einen gelinden Umgang zwischen Menschen in Organisationen formulieren Hagehülsmann / Hagehülsmann (2007) die fünfte Grundeinstellung als „Grundeinstellung des Respekts: Ich bin etwas wert und du auch.“[7] Die zentrale Herausforderung, um eine „gute“ Führungskraft-Mitarbeiter-Beziehung oder ebenso eine "gute" Berater-Klinet-Beziehung zu gestalten, liegt somit darin, die eigene „innere Haltung fortlaufend im Blick zu haben und sie auf einen achtungsvollen Umgang hin zu kalibrieren“.[8]

 

Seitdem ich mir vor einiger Zeit über diese Zusammenhänge (mal wieder) Gedanken gemacht habe, merke ich, wie groß die Herausforderung eigentlich ist, die Kalibrierung immer wieder vorzunehmen und ständig fein- und nachjustieren zu müssen...

 


[1] Vgl. Erpenbeck, Mechthild (2018): Wirksam werden im Kontakt. Die systemische Haltung im Coaching. 2. Aufl., Heidelberg, S. 23ff.. Endlich mal ein richtig gutes Buch zum Thema "Haltung". Sehr empfehlenswert!

[2] Jesper Juul (2019): Dein kompetentes Kind. 16. Aufl., Reinbeck bei Hamburg.

[3] A.a.O., S. 43.

[4] Jesper Juul 2006, zit. n. Erpenbeck 2018, S. 24.

[5] Stewart, Ian / Joines, Vann (2010): Die Transaktionsanalyse: eine Einführung. 23. Aufl., Freiburg i.Br.., S. 180.

[6] Erpenbeck, a.a.O und Hagehülsmann, Ute / Hagehülsmann, Heinrich (2007): Der Mensch im Spannungsfeld seiner Organisation: Transaktionsanalyse in Managementtraining, Coaching, Team- und Personalentwicklung. 3. Aufl. Paderborn.

[7] Hagehülsmann/ Hagehülsmann 2007.

[8] Erpenbeck 2018, S. 27.

 

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"Was ist Wirklichkeit?" - Workshop auf der DGfC-Jahrestagung 2020

Auf der diesjährigen Jahrestagung der DGfC werde ich mich mit der Fragestellung auseinandersetzten: "Was ist Wirklichkeit? Wirklichkeits-und Problemkonstruktionen als Ausgangspunkt von Coaching":

 

„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinung, die wir von den Dingen haben“ sagte Epitket. Wenn er damit Recht haben sollte, dürften es auch nicht die „Dinge“ und Tatsachen sein, die als „Problem“ definiert und somit Ausgangspunkt von Coaching sind, sondern unsere Meinungen …
Ausgehend von der Frage "Was ist Wirklichkeit?" und einer Miniatur-Einführung in konstruktivistische Sichtweisen, werde ich darauf aufbauend die Fragen erörtern: "Was ist ein Problem? Wie wird ein Problem konstruiert? Und: Wie kann es de-konstruiert werden?"

Hieraus werde ich ein grundlegendes konstruktivistisches Interventionsmodell für Coaching (und ebenso andere Beratungsformen) ableiten, sowie daraus folgende methodische Implikationen und Anregungen vor-und zur Diskussion stellen. Dabei werden wir auch zur immer wiederkehrenden Frage nach der „Haltung“ im Coaching gelangen.

Der Workshop ist als Vortrag mit einzelnen kleineren Übungen sowie verschiedenen  Einladungen zur Diskussion geplant.

 

Die DGfC Jahrestagung 2020 findet am 07./08. März in Würzburg statt. Anmeldungen und Programm gibt es hier.

 

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Mastercoach

Nachdem ich nun meine Qualifizierung zum Mastercoach nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Coaching (DGfC) beim dISC abschließen konnte, freue ich mich, auch Lehrcoachings für entsprechende Weiterbildungen anbieten zu können.

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Beratung in der Schulsozialarbeit

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "deutsche jugend", 3/2019 ist ein Artikel "Beratung in der Schulsozialarbeit" von mir abgedruckt. Hier stelle ich einen aus meiner Sicht geeigneten Ansatz einer systemisch-lösungsorientierten Beratungsansatz für die Schulsozialarbeit dar. Hierfür benenne ich u.a. neun Prinzipien, die aus meiner Sicht aus diesm Ansatz für die Beratungspraxis folgen.

 

Über ein Feedback und eine Diskussion zu dem Artikel freue ich mich.

 

Vorträge und Fortbildungen im Sinne dies beschriebenen Beratungsansatzes biete ich gerne an.

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Qualifizierung zum Mastercoach

Um ab 2019 auch als Lehrcoach tätig werden zu können, habe ich Ende des Jahres nun die Qualifizierung zum Mastercoach beim dISC in Bad Salzuflen begonnen. Ich freue mich dann schon auf Lehrcoachees ...

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weitere Lehraufträge

Nun darf ich den StudentInnen an der SRH auch die "lösungsfokussierte / systemische Beratung" näher bringen, mittlerweile auch im neuen berufsbegleitenden Studiengang.

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Lösungsorientierte Gesprächsführung

Anmeldungen wieder möglich

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Handwerkszeug für die Beratung und Gesprächsführung

22.06 - 23.06.2017 in der ZAB in Gütersloh - jetzt anmelden!

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